Wie war’s in Freiburg?

Sollen die anderen ruhig nach Riga jetten und die eine Hälfte ihres langen Wochenendes mit An- und Abreise und die andere Hälfte mit der sinnlosen Suche nach Geheimtipps verplempern: Ich bevorzuge den Campingplatz am Hirzberg. Die Anreise mit dem Fahrrad dauert nur zehn Minuten und wo die Pizza wie schmeckt, weiß ich selber.

Und überhaupt: Wer lebt, wo andere Urlaub machen, kann dort doch schließlich auch Urlaub machen?

Auf dem Zeltplatz angekommen, zunächst die Zelte der Nachbarn in Augenschein nehmen. Auch hier will man schließlich wissen, mit wem man es zu tun hat. Sie sind vom selben Hersteller wie unseres.

Also reden:
„Wo kommt ihr denn her?“
„Aus Littenweiler.“
„Ebnet.“
„Ah, ja.“

Littenweiler und Ebnet. Das sind, der Kenner weiß es natürlich, Freiburger Stadtteile. Wir sind überhaupt nicht unkonventionell, wir sind stinknormal. Freiburger, die in Freiburg Urlaub machen, sind total gewöhnlich und wir haben nicht die kürzeste, sondern ganz im Gegenteil, die weiteste Anreise hinter uns.

So geht es mir immer wieder in dieser Stadt. Mir kommt Generation Golf von Florian Illies in den Sinn, das damit anfängt, dass der kleine Florian „Wetten, dass“ schaut und sich geborgen fühlt, weil alle „Wetten, dass“ schauen. Das Buch geht in meiner Erinnerung damit weiter, dass der große Herr Illies dieses Gefühl der Aufgehobenheit in der Gemeinschaft vermisst, weil jetzt alles so zerfasert ist.

Vielleicht sollte Illies nach Freiburg ziehen?

Egal, was ich mache, die andern machen es genau so. Vielfalt finden wir prinzipiell schon gut. Das Niveau muss halt stimmen. Und dann sieht das hier eben so aus, wie das hier eben aussieht.

Eine Regel, die übrigens auch von denjenigen Campingplatzbesuchern befolgt wird, die tatsächlich von außerhalb und mit dem Automobil anreisen:

Freiburg: Vielfalt finden wir prinzipiell schon gut. Das Niveau muss halt stimmen.

Das gleiche gilt auch für unsere Kinder. Sie sind sich zum Verwechseln ähnlich. Manchmal muss ich aufpassen, dass ich nicht das falsche Kind mitnehme und manchmal frage ich mich, ob nicht genau das längst passiert ist?

Vor allem in der kalten Jahreszeit steigen die Chancen, denn dann tragen sie alle die gleichen Gummistiefel von Aigle und die gleichen Matschhosen von Jako-o und die gleichen Rucksäcke von Deuter und über den Ohren haben sie die gleichen dicken Mützen auf, unter denen sich so schlecht hört, und wenn sich dann die in Funktionswäsche ununterscheidbar gekleideten Elternteil am Zaun samt ihren vom T80 der Fahrradmanufaktur gezogenen Anhängern der Marke Thule ihre Kindlein rufen, wer vermag dann alle Lenis, Leahs, Lenas und Linas richtig zuzuordnen?

Sie halten das für übertrieben? Die Kinder werden doch wohl noch wissen, wo sie hingehören, meinen Sie? Meinte ich auch. Bis ich das erste Mal miterlebte, wie sich im Gedränge eines Flohmarkts eines der Kinder, von denen ich sicher zu glauben dachte, es sei meins, sich mit der Bestimmtheit, die nur Vorschulkinder zustande bringen, „Mama“ sagend, an ein mir unbekanntes Frauenbein klammerte und nicht mehr loslassen wollte.

Vielleicht, so meine Schlussfolgerung, müsste ich mein Zelt gar nicht aufbauen. Vielleicht könnte ich ja einfach in eins der bereits vorhandenen Zelte ziehen? Bestimmt gäbe es am bereitgestellten Equipment nichts auszusetzen und wenn es dunkel würde, fände ich die mit ausreichend geladenen Akkus ausgestattete Stirnlampe mit Sicherheit am richtigen Ort.

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