Vor die Wahl gestellt, eine Ausstellung allein oder in einer Gruppe zu besuchen, gehe ich lieber allein und das nicht, weil ich mir Exponate gerne in Ruhe betrachte, sondern weil ich sie gerne abschreite. Bin ich Teil einer Gruppe, muss ich aber immer auf die warten, die sich Exponate gerne in Ruhe betrachten.
Außerdem bin ich kein Anhänger von Menschenansammlungen. Ich gehe darum gerne mittwochs morgens im Museum, wenn alle anderen arbeiten. So gut wie nie werden Sie mir hingegen an einem Freitag Abend im Museum über den Weg laufen, schon gar nicht an einem Freitag, an dem es alle anderen zur Vernissage hinzieht.
Dass ich trotzdem bei der Eröffnung von Christoph Niemanns Ausstellung im Cartoonmuseum Basel war, deutet also darauf hin, dass es einen außergewöhnlichen Grund gegeben haben muss. Gab es auch. Einen außergewöhnlichen Künstler: Christoph Niemann.
Gehe ich zur Vernissage, so die Hoffnung, lerne ich vielleicht nicht nur etwas über die Kunst des Herrn Niemann, sondern auch über den Künstler und im nächsten Schritt, weil das ja immer der Schritt ist, den zu nehmen man hofft, wenn man etwas über jemand anders lernen will, lerne ich vielleicht sogar etwas über mich selbst.
Diese Hoffnung, so viel vorab, wurde enttäuscht. Wobei. Gelernt habe ich schon was über den Künstler und somit auch über mich. Aber von wegen, das Genie färbt ab, war für mich in Basel nichts zu holen. Stattdessen ein banaler bis übellauniger Blick aufs Selbst.
Angefangen hat es damit, dass es voll war. Oben, wo die schlauen Leute und später der Künstler selbst sprechen sollten, war kein Platz mehr. Was auch immer der Abend an Erkenntnissen bringen sollte, es musste also ohne Blickkontakt geschehen.
Selbst im Erdgeschoss war eine, wie der Basler sagt, Druggede.
Oben begannen die Vorträge, unten ging es nicht vor und nicht zurück. Ich steckte mitten in der Ausstellung fest, nichts zu sehen vom Künstler und nichts zu sehen von der Kunst. Dafür lauter Menschen um mich herum, die jedoch, womöglich weil eben doch etwas von der Leichtigkeit der Exponate auf uns Besucher abfärbte, womöglich aber auch, weil das z’Basel an mym Rhy nun mal so ist, überhaupt nicht störten. Womöglich lauerten sie aber auch nur alle ebenso wie ich, bereit sie klarzumachen, auf die Ankunft der Muse, und schauten deshalb so freundlich.
Oder aber es lag ganz einfach daran, dass mich die Druggede just in dem Moment am Apéro vorbeischob, als der eröffnet wurde?
Im am Apéro Vorbeigeschobenwerden zugegriffen habend wurde ich mit dem ergatterten Glas in der Hand aus der Ausstellung hinaus und ins St. Alban gespült und zu welchen geistigen Höhenflügen schwang ich Vernissagenmensch mich, inspiriert von Niemanns Kunst/Niemann, das Weißweinglas im laut Wikipedia „vornehmsten“ Stadtteil Basels vornehm in den gespreizten Fingern haltend, auf?
Ich will es Ihnen sagen: Ich verknüpfte die in einem der vielen klugen, sympathischen und überaus leichtfüßigen Niemann-Interviews aufgeschnappte Information, er fürchte sich davor, irgendwann keine Ideen mehr zu haben, mit der im Erdgeschoss aus dem Lautsprecher live vom Künstler erhaltenen Information, kaum etwas finde er schlimmer, als ungebeten Ratschläge zu erhalten, was sich denn mal wirklich zu illustrieren lohne, und entwickelte daraus einen Plan, wie man die Kunst Niemanns für immer zum Erliegen bringen könne, nämlich, indem man ihm unaufgefordert eine Liste aller möglichen Bildideen vorlege und ihm somit nichts zu schaffen übrig ließe.
Jämmerlich, ich weiß.
Dann machte ich mich daran, diese Liste selbst zu erstellen, aber mir fiel nicht eine einzige Idee ein und das war es dann auch schon, was die Ausstellung für meine eigene Kreativität in petto hielt.
Als ich mein Glas leer hatte, ging ich wieder rein und schritt die Ausstellung ab schlenderte durch die Ausstellung. Die Bilder, aber das wussten wir ja alle schon, sind toll. Wer mag, kann noch bis Oktober selber hin. Ich empfehle das. Wahrscheinlich werde ich selbst auch noch mal hin. An einem Mittwoch Morgen oder so.