Mit Freund Cholo in den Alpen

„Wie ein künstlicher Blasenausgang, bloß rückwärts.“
(Mathias Röckel in „Letzter – Notizen eines Triathlon-Novizen“ über Trinkrucksäcke)

Für die Jüngeren unter euch: Cholo ist der Mann, mit dem ich einst am Schluchsee beim Triathlon angetreten war. Ein im Sinne von „nie wieder“ einzigartiges Erlebnis, das zu verarbeiten das Schreiben des oben genannten Buchs verlangt hatte.

Sechs Jahre später, also vorvorgestern, stand Cholo wieder vor der Tür und wer jetzt erwartet, dass wir nahtlos an unseren damaligen Wettkampf anknüpften, braucht nicht weiterzulesen.

Sechs Jahre: Im Triathlon sind das Welten!

Ich bin ein anderer und Cholo natürlich auch. Zum einen nennt ihn, weil er inzwischen nicht mehr in den Anden wohnt, sondern in Südostasien, niemand mehr Cholo. Zum andern ist Cholo jetzt, wie ich so ziemlich als erstes erfuhr, Besitzer eines Trinkrucksacks.

Was fängt man mit so einem an?

In Freiburg sollten es 21 Grad werden. Das sieht dann so aus:

Cholo aber sehnte sich nach Kälte. Bei ihm daheim war es schon seit Wochen nicht einmal mehr nachts kälter als 20 Grad geworden. Außerdem war es abgemacht, dass wir in die Alpen fuhren.

Also gut.

Wohin es gehen sollte, war längst klar. Zum Gletscherfloh, zum Eiger, zur vielleicht besten Chässchnitte der Alpen, sprich: nach Grindelwald.

Blieb bloß die Frage nach der Abfahrtszeit. Ich bin ja bekanntermaßen ein Freund meines Betts, vor allem am Wochenende, vor allem in den Morgenstunden. Cholo hingegen bemerkte, vollkommen zu Recht, dass der wenige Schnee, mit dem wir rechnen durften, am Nachmittag wahrscheinlich in noch erbärmlicherem Zustand wäre als am Vormittag. Wir sollten daher rechtzeitig aufbrechen.

Rechtzeitig, glänzte ich mit meinem Local-Wissen, hieß in der Regel um sechs. Cholo nickte und erwähnte, dass in der Nacht die Uhren umgestellt würden.

Oha.

Ich fiel in Cholos Nicken ein und begann unter dem Tisch zu googeln, in welche Richtung noch mal, aber Cholo war wieder einmal schneller und das ganz ohne digitales Equipment.

Die Uhren wurden vorgestellt. Fünf ist das neue Sechs.

Dann müsste ich aber sofort ins Bett, gab ich dem Freund, Konkurrenten, Kosmopoliten und Wandler zwischen den Zeitzonen zu verstehen und ließ ihn allein mit der guten Flasche Wein sitzen, von dem ich hoffte, dass er sie auch ohne mich leeren würde.

Am andern Morgen standen wir an der Talstation und alles war grün. Der Frühling lässt sein blaues Band und so weiter. Von des Winters weißem Band hingegen waren nur noch Fetzen übrig und auch das nur dort, wo die Talabfahrt verlaufen sollte.

Das sieht dann so aus:

Zwei Tageskarten kosteten 126 Schweizer Franken. Das sind mehr als 4.000 Baht. Wie der Schnee weiter oben aussah, war von hier unten nicht zu erkennen: Eiger, Mönch und Jungfrau lagen in dichtem Nebel.

Das Gute an ehemaligen Triathleten wie uns sei unsere Flexibilität, erinnerten wir uns. Neben unseren Kerndisziplinen stehen uns unzählige Ausgleichsportarten zur Verfügung, auf die Allrounder wie wir jederzeit ausweichen können.

Ich hatte sogar extra vorgesorgt. Ich hatte nicht nur Ski, Skischuhe, Skibrille, Skihose, Skiunterwäsche, Skihelm, Skihandschuhe und Skisocken dabei, sondern auch eine Badehose und ein Handtuch. Meinetwegen konnten wir gerne auch einfach auf den Berg wandern.

Ich hätte eh schon darüber nachgedacht, mir ein drittes Paar Wanderschuhe zuzulegen, sagte ich, und wenn ich mir den Skipass sparte, gliche das das Schweizer Preisniveau aus, woraufhin Cholo sagte, dann hole er sich eben noch ein Paar Stöcke, woraufhin ich lernte, dass man den Leuten den Erwerb neuen Equipments nicht nur durch Aus-, sondern auch durch Zureden verleiden kann, weshalb es hier leider kein Bild von Cholo beim Am-Stock-Gehen gibt.

Dafür aber eines von mir als Rotsocke:

Der Aufstieg von Grindelwald nach Alpiglen war dann übrigens äußerst entspannt.

Die Chässchnitte gewohnt überragend:

Nur vom Eiger gab es leider nicht mehr zu sehen als das hier:

Doch für einen Mann von Cholos Format stellt so ein Detail keinen Anlass für Verdruss dar, sondern im Gegenteil, einen Grund, einfach später noch mal wiederzukommen.

Hoffentlich darf ich dann wieder dabei sein!

 

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